Cross Industry Innovation – wozu das Rad neu erfinden?

Cross Industry Innovation – wozu das Rad neu erfinden?

7. Oktober 2015, 14:00 :: Aktuelle Trends | Allgemein

Autor: Matthias Gräf

Jeder Unternehmer hat seine eigene Vorstellung davon, was Digitale Transformation bedeutet. Einig sind sich alle aber darin, dass die Transformation dazu dienen soll, Innovation hervorzubringen. Dabei basiert nur eine vergleichsweise geringe Zahl an Neuerungen auf wirklich progressiven Erkenntnissen und Entwicklungen. Die Kombination aus bereits existierenden Ideen und Technologien können so rekombiniert werden, dass daraus eine Innovation entsteht.

Paolo Anania von der digitalen Marketingberatung Granpasso stellt in diesem Gastbeitrag vor, was sich hinter dem Begriff Cross Industry Innovation verbirgt und welche Vorteile Unternehmen daraus ziehen können. 

Ein aktueller Trend im Bereich des Innovationsmanagements heißt CII (CrossIndustryInnovation). Das heißt konkret: Bereits existierende Ideen und Technologien aus verschiedenen Branchen werden so rekombiniert, dass daraus eine Innovation entsteht – sei es ein neuer Service oder ein neues Produkt. Schon heute basieren rund 80 Prozent aller Neuentwicklungen darauf. Nur eine vergleichsweise geringe Zahl an Neuerungen basiert auf wirklich progressiven Erkenntnissen und Entwicklungen. In der Konsequenz heißt das: Innovationen entstehen vor allem dann, wenn bereits vorhandenes Wissen über Technologien, Anwendungsprinzipien, Produkte, Geschäftsmodelle oder Märkte neu kombiniert wird.

Effektiver Booster für profitables Neugeschäft

Einer Studie zufolge, in der 133 Unternehmen betrachtet wurden, nutzten 15 der befragten Firmen aktiv professionelles CII – mit dem Ergebnis, dass ihr Neugeschäft deutlich profitabler wurde. So waren ihre Produkte schneller am Markt, erzielten mehr Umsatz bei kürzeren Projektlaufzeiten, geringerem Kostenaufwand und kalkulierbarem Risiko, da die “Einzelkomponenten” der neu geschaffenen Produkte sich bereits bewährt hatten. Nennenswerte Beispiele hierfür sind der Sportschuh „Shox“ von Nike, dessen Dämpfungstechnik aus der Formel 1 stammt. Oder der Milchaufschäumer von Nespresso, der mit einem magnetischen Antriebsprinzip ausgestattet ist, das sonst bei Laborgeräten Anwendung findet.

Als Mehrwerte von CrossIndustryInnovation können folgende Punkte genannt werden:

  • Geringer Veränderungsumfang bestehender Produktionsanlagen
  • Initiierung profitabler Neugeschäfte
  • Möglichkeit, innovative Produkte in neuen Absatzmärkten und gebieten zu platzieren
  • Reduzierung der Entwicklungszeit um durchschnittlich ca. 50 Prozent
  • Reduzierung der Entwicklungskosten auf bis zu zwei Drittel des normalen Kostenaufwandes
  • bis zu 50 Prozent höherer ROI (Return on Investment)

Zwar liegt es in der Natur der Sache, dass die “Findungsphase eines CII Projektes” zwar etwas länger ist, da man “kompatible” Technologien suchen und finden muss – die eigentliche Realisierungsphase im Gegenzug jedoch insgesamt deutlich kürzer ist.

Das Erfolgsrezept: Kollaboration

Es geht darum, das verwertbare Wissen anderer Unternehmen zu erkennen, Kontakte zu knüpfen und im Idealfall im Sinne einer engen Zusammenarbeit die Innovation mit vereinten Kräften zu stemmen. Genau darin liegt der strategische Vorteil, der immer mehr etablierte Unternehmen motiviert, die Nähe von Startups zu suchen und sich mit ihnen zusammen zu tun, um gemeinsam etwas Neues entstehen zu lassen.

Wie gelingt gezielte Innovation?

Zu Beginn jeder Recherche sind die Breite des Schwerpunktes, die Anforderungen an die Technik sowie die Prüfung der Lösung elementar, um einer endlosen und nicht zielführenden Suche zu entgehen. Diverse Suchprozesse sind geeignet, um die passenden Neuerungen zu finden. Hierzu zählen unter anderem Patentanalysen, die Befragung von Spezialisten sowie industrieübergreifende Workshops zur Vertiefung des Anwendungswissens. Das Ergebnis ist eine Palette von Methoden und Prozessen, deren Integration in das eigene Unternehmen die eigentliche Herausforderung darstellt.

Bei der Auswahl der Branchen, bei denen ein Monitoring sinnvoll sein könnte, ist vor allem die so genannte „kognitive Distanz“ ein wichtiges Kriterium. Diese darf nicht zu groß sein, da in diesem Fall das nötige Verständnis zwischen Technologiegeber und dem Technologienehmer nicht gegeben ist. Ist die Distanz jedoch zu gering, können keine Lernprozesse stattfinden.

Was sich technokratisch anhört, läuft gerade im digitalen Umfeld zunehmend organisch ab, gewissermaßen einer “StartupMentalität” folgend.

Weiteres Praxisbeispiel für Cross Industry Innovation

Beiersdorf hat die Wichtigkeit von Lernprozessen erkannt und forscht, gerade in der Anfangsphase einer Produktentwicklung, branchenfremd. So wurde beispielsweise im Nivea Deodorant „Black & White“ eine Substanz integriert, die in Autowaschanlagen Verwendung findet. Darüber hinaus profitiert Beiersdorf von dem unternehmenseigenen Innovationsnetzwerk „Pearlfinder“. Hier ist jeder Innovator aus dem Bereich der Hautpflege willkommen – egal, ob Einzelerfinder, Startup oder Universität. Natürlich darf der Beiersdorf-Partner nicht für die Konkurrenz tätig sein. Beiersdorf sichert sich vertraglich die Rechte an den eingebrachten Ideen, gewährt den Erfindern jedoch den Schutz an ihren Entdeckungen. Außerdem werden jährlich bis zu zwanzig Lösungsansätze aus dem Bereich der Technologie offen mit mehr als 200 Teilnehmern auf „Pearlfinder“ diskutiert. Dabei wird der Gewinn aus profitablen Ideen angemessen mit den Initiatoren geteilt. Mehr als jeden zweiten Impuls dieses einträglichen Netzwerkes entwickelt der Konzern weiter. Dabei kommen die „Pearlfinder“ aus allen

möglichen Sparten. Auch Mitarbeiter der Farb-, Textil- und der pharmazeutischen Industrie wirken hier mit. Andere wiederum wurden durch Internetanzeigen oder Mund zu Mund Propaganda auf diese „Ideenschmiede“ aufmerksam.

Das Unternehmen ist dabei, sich als erste Adresse für Ideengeber einen Namen zu machen und so eine kollaborative Forschungsethik bei der branchenübergreifenden Suche nach innovativen Lösungsansätzen zu installieren.

Fazit

CrossIndustryInnovation ist ein hervorragendes Instrument, um im Bereich der Produktentwicklung Zeit und Kosten zu sparen und endlich mal in den Genuss der viel beschworenen (aber oft nur auf dem Papier existenten) “Synergieeffekte” zu kommen. Zur Gewährung einer erfolgreichen Anwendung sind folgende Punkte besonders relevant:

  • Zur Wahrung kognitiver Distanz gilt es Branchen zu finden, die zwar fremd, aber nicht zu fremd sind.
  • Suchstrategien müssen perfektioniert und eigene Entwicklungsprobleme abstrahiert werden.
  • Die Integration und die Übernahme entdeckten Wissens in das eigene Unternehmen stellen eine weitere Herausforderung dar.
  • Besonders die Kollaboration von etablierten Unternehmen mit jungen Startups ist ein bedeutender Treiber von Cross Industry Innovation.

Und nicht zu vergessen:

Viele Innovationen unserer Zeit spielen sich im Spannungsfeld der Digitalen Transformation ab. Umso wichtiger ist es, dass alle involvierten Personen die aktuellen Trends, Technologien und Veränderungen da draußen erfassen können. Sie müssen sie nicht auf “Expertenniveau” verinnerlichen – aber zumindest ein fundierter Überblick muss schon sein, um aus der Vielzahl von Möglichkeiten gezielt ableiten zu können, was davon fürs eigene Unternehmen eine echte Chance darstellt. Gleichzeitig werden Barrieren und Ängste gegenüber (digitale) Veränderungen abgebaut, weil sich durch diesen Erkenntnisgewinn zeigt, welch positive Relevanz das Themenfeld an vielen Stellen hat.

paolo anania

Paolo Anania

Paolo Anania, ist geschäftsführender Gesellschafter bei Granpasso und berät internationale Konzerne und mittelständische Unternehmen verschiedenster Branchen auf dem Weg in und durch die digitale Welt. Als Vorstandsmitglied beim BJU Düsseldorf-Niederrhein kümmert er sich zudem in besonderer Weise um Startups aus der Region und unterstützt Neugründer mit seinem Knowhow. Als Gastdozent wurde er zu Themen des E-Marketings an die Fachhochschule Düsseldorf sowie zur NRW Junior Management-Akademie eingeladen. Unternehmen wie L’Oreal und Savills greifen auf seine Expertise als Keynote-Speaker zurück. Vom im digitalen Bereich führenden Magazin LEAD digital wird er als “Digital Leader” geführt und veröffentlicht dort regelmäßig Fachartikel. Paolo Anania studierte Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Düsseldorf.

Auch im Rahmen der „Akademie für digitale Transformation“ wird Paolo Anania am 10. November ein umfassendes Seminar zu dem Thema „Digitales Marketing: Driven by content 360°“ halten.

 

 


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