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20. Mai 2025, 11:41 :: Allgemein | Erfolgsgeschichten
Autor: Linnéa Körting
5 Uhr morgens, Betriebshof der Frankfurter Müllabfuhr. Statt im Büro zu sitzen, steigen Thomas und sein Team mit auf die Müllwagen, entleeren Tonnen und führen Gespräche mit den Mitarbeiter:innen. „Wir kennen die Jobs, die wir vermitteln, aus erster Hand“, sagt Thomas Schier. Und genau das macht den Unterschied: Wer selbst mit anpackt und die Bedingungen vor Ort erlebt, kann viel gezielter beurteilen, welcher Job zu wem passt – nicht nur fachlich, sondern auch menschlich.
Simplejobs ist ein HR-Tech-Startup und rekrutiert Fachkräfte für Unternehmen in der Logistik, Produktion und Pflege. Ursprünglich war Thomas als Programm Manager im STARTPLATZ Accelerator tätig und begleitete Simplejobs als Teil des Accelerator Batches. Einige Jahre später wechselte er selbst ins Team und ist heute Teil der Geschäftsführung.
Im Interview blicken wir gemeinsam zurück auf die Anfänge von Simplejobs, die Zeit im Accelerator und sprechen über praktische Erfahrungen und wertvolle Tipps für angehende Gründer:innen.
STARTPLATZ: Wer seid ihr und was macht euer Startup?
Thomas Schier (COO Simplejobs): Simplejobs ist ein HR-Tech-Startup mit Fokus auf Blue-Collar-Recruiting – also Fachkräfte in Bereichen wie Logistik, Produktion oder Pflege. Genau dort, wo der Fachkräftemangel am stärksten ist. Dabei übernehmen wir deutschlandweit für mittelständische und große Unternehmen wie Edeka, HelloFresh oder PreZero das gesamte Recruiting – von der Schaltung der Anzeigen über Social-Media-Kampagnen bis hin zur Bewerberqualifizierung. Dafür nutzen wir alle relevanten Plattformen und greifen zusätzlich auf einen eigenen Talentpool mit über 120.000 Bewerber:innen zurück. Entscheidend ist, dass am Ende eine passende und loyale Fachkraft beim Kunden eingestellt wird.
Für Jobsuchende ist der Einstieg ganz einfach: Über unsere Website kannst du dich in unter zwei Minuten bewerben. Danach melden wir uns innerhalb von 48 Stunden telefonisch bei dir, besprechen, was zu dir passt, und begleiten dich durch den gesamten Bewerbungsprozess – vom ersten Gespräch bis hin zur Einstellung. Auch nach dem Bewerbungsgespräch sind wir weiterhin für dich da. Wenn du vom Unternehmen nichts mehr hörst, haken wir nach. Nach der Einstellung melden wir uns nochmal, um zu hören, ob alles wie erwartet läuft – und geben dieses Feedback auch zurück an unsere Kunden. Und das alles komplett kostenlos.
Was uns besonders macht: Wir kennen die Jobs, die wir vermitteln, aus eigener Erfahrung. Wir fahren regelmäßig zu unseren Kunden und schauen uns die Arbeitsplätze vor Ort an – zum Beispiel bei der Müllabfuhr in Frankfurt. So können wir besser einschätzen, welcher Job und welches Team zu wem passt – fachlich und menschlich.
Finanziert wird unser Service ausschließlich von den Unternehmen. Neben klassischer Personalvermittlung bieten wir auch ein Flatrate-Modell an – “Recruiting as a Service”. Gerade für größere Firmen ist das spannend, weil sie so planbare Kosten haben und beliebig viele Positionen besetzen können. Wir verstehen uns dabei als verlängerter Arm der internen HR – und entlasten Teams genau da, wo es am meisten hakt: beim Screening, in der Kommunikation und in der Vorauswahl.
STARTPLATZ: Wie ist Simplejobs eigentlich entstanden?
Thomas Schier: Die Idee kam ursprünglich von Ali, unserem Gründer. Seine erste Idee war eine Plattform für Tagesjobs wie Pakete abholen, mit dem Hund Gassi gehen oder beim Aufräumen helfen – schnell, unkompliziert und auf Abruf.
Vom Startup-Kosmos hatte er noch keine Ahnung, aber durch seinen damaligen Job bei SEDO ist er auf den STARTPLATZ aufmerksam geworden und kam eines Tages spontan vorbei, um sich über euer Accelerator-Programm zu informieren. Auf meine Empfehlung hin bereitete er seine Idee in einem Pitch-Deck auf und reichte seine Bewerbung ein. Doch die erste Bewerbung konnte die Jury noch nicht überzeugen. Die Idee war spannend, aber inhaltlich noch nicht ausgereift genug.
Ein paar Wochen später, während einer Jury-Sitzung in Düsseldorf, meldete er sich wieder: Er hatte inzwischen seinen Job gekündigt, alles auf eine Karte gesetzt und wollte unbedingt ins Programm einsteigen. Zufällig wurde an dem Tag ein Platz frei und Ali durfte doch noch pitchen. Auch diesmal war vieles noch vage, aber man hat gespürt, dass er für seine Idee brennt. Ich habe meine Wildcard für ihn gezogen, weil ich überzeugt war, dass er es ernst meint.
Im STARTPLATZ Köln hat dann alles angefangen. Ali bekam das Gründerstipendium, baute ein kleines Team auf, mietete sich erst ins Coworking ein und zog später in ein eigenes Büro. Heute sind wir 30 Leute, komplett gebootstrapped und profitabel – und im nächsten Schritt ziehen wir in ein größeres Büro, mit Platz für noch mehr Wachstum.
STARTPLATZ: Habt ihr ein Alleinstellungsmerkmal? Es gibt ja viele Recruiting-Unternehmen da draußen.
Thomas Schier: Absolut, und das hören wir auch immer wieder von unseren Kunden. Klar, Recruiting-Agenturen gibt es wie Sand am Meer – und täglich kriegen Unternehmen unzählige Nachrichten von Anbietern. Aber was uns wirklich unterscheidet, ist unser klarer Fokus auf bestimmte Branchen. Wir kennen den gewerblichen Bereich in- und auswendig. Unsere Recruiter wissen genau, was ein LKW-Fahrer braucht, welche Fahrzeugtypen es gibt, und worauf es in der Produktion oder Logistik ankommt. Das klingt erstmal simpel, ist aber entscheidend: Wir können Bewerber:innen vorab viel gezielter einschätzen. Unsere Kunden müssen also nicht hunderte ungeeignete Bewerbungen durchsuchen, sondern bekommen direkt passende Profile vorgelegt – mit Führerschein, in der richtigen Region, und mit der nötigen Erfahrung. Genau das spart Zeit, Nerven und Geld.
Was uns zusätzlich abhebt, ist unser technologischer Ansatz. Wir haben eigene KI-gestützte Systeme entwickelt, die rund um die Uhr erreichbar sind. Unsere Call-KI kann Bewerber:innen bereits erste Infos zum Job geben – das sorgt für eine bessere Candidate Experience und beschleunigt den Prozess enorm. Wir entwickeln diese Tools intern ständig weiter und bleiben damit deutlich agiler als viele andere in der Branche.
Und ein Punkt, der uns besonders wichtig ist: Wir machen keine Leiharbeit. Viele Unternehmen setzen gerade im Logistikbereich auf kurzfristige Beschäftigung – vor allem in Hochphasen wie Black Friday. Wir haben uns bewusst dagegen entschieden. Denn solche prekären Verhältnisse mit schlechter Bezahlung und wenig Perspektive wollen wir nicht unterstützen. Bei uns geht es um langfristige, unbefristete Jobs bei geprüften Arbeitgebern.
STARTPLATZ: Du warst zuerst als Program Manager Teil des STARTPLATZ Accelerator-Teams und bist dann später selbst zu Simplejobs gewechselt. Wie kam es dazu?
Thomas Schier: Ich habe Ali schon vor seiner Zeit im Accelerator begleitet und früh gemerkt: Da ist jemand mit echter Leidenschaft, jemand, der nicht lockerlässt, bis es läuft. Wir hatten über die Jahre engen Kontakt – haben uns regelmäßig ausgetauscht, uns gegenseitig unterstützt, Kontakte geteilt, Tools empfohlen. Der Netzwerkgedanke, den der STARTPLATZ lebt, hat uns verbunden.
In einer Session saßen Ali und ich hier im Büro zusammen und fragten uns: Warum machen wir das nicht einfach gemeinsam? Wir bringen unterschiedliche Stärken mit – er kennt die Branche, den Vertrieb, die Kunden. Ich bringe Erfahrung im Aufbau und in der Skalierung von Organisationen mit. Das hat gut gepasst, also haben wir es durchgezogen.
Seit April 2024 bin ich offiziell Teil von Simplejobs – als zweiter Geschäftsführer. Für mich war es eine der besten Entscheidungen. Und für Ali war es auch wichtig, die Verantwortung zu teilen. Ab einer gewissen Unternehmensgröße wird’s allein einfach zu viel – gerade, wenn alles bootstrapped ist. Jetzt gehen wir diesen nächsten Wachstumsschritt gemeinsam.
STARTPLATZ: Wie hat der Accelerator euch in der Anfangsphase unterstützt? Was war da besonders hilfreich für Simplejobs?
Thomas Schier: Ohne den STARTPLATZ Accelerator gäbe es Simplejobs in der Form wahrscheinlich nicht. Ali hat damals ganz offen gesagt: „Ich hatte keine Ahnung, wie man überhaupt gründet.“ Wie geht das mit der UG oder GmbH? Wie baue ich eine Website, erstelle einen Finanzplan oder ein Pitch Deck? Welche Tools brauche ich? Genau da hat der Accelerator angesetzt und diese Grundlagen vermittelt.
Vor allem aber war es die Mischung aus strukturiertem Programm und echter Community. Ali war bei jedem Workshop dabei und hat alles aufgesogen wie ein Schwamm – von Sales und Verhandlungsführung bis hin zu Themen wie Product-Market-Fit oder erster Finanzierung. Besonders wertvoll war der Austausch mit anderen Gründer:innen. Denn die Gründungsphase ist stressig, man zweifelt viel, und da tut es gut, nicht allein zu sein. Einige Kontakte aus dem Batch bestehen bis heute, zum Beispiel mit Compounder – da sind echte Freundschaften entstanden.
Was den Unterschied gemacht hat, war aber vor allem der Raum zum Ausprobieren. Im STARTPLATZ hatte man ein Umfeld, in dem man sich austauschen, Ideen testen und auch mal scheitern konnte. Im Accelerator entstand letztendlich auch der Pivot: Fokus auf gewerblichem Recruiting, gerade in der Logistikbranche. So kam es zu unserem ersten großen Kunden Rhenus.
Ohne den STARTPLATZ, das Umfeld und den Rückhalt wäre Simplejobs vermutlich nicht in dieser Form entstanden.
STARTPLATZ: Der Accelerator geht bald wieder los. Was würdest du als ehemaliger Mitarbeiter den Startups mitgeben, die sich jetzt bewerben wollen? Hast du einen Tipp zur Bewerbung, aber auch, wie man das Beste aus dem Programm rausholt?
Thomas Schier: Auf jeden Fall. Ich habe das früher den Teams im Accelerator erzählt und später auch bei Scale-up.NRW: Wenn man die Chance hat, an einem Förderprogramm teilzunehmen, dann nutzt das aus! Es gibt kaum etwas Wertvolleres in der Frühphase.
Der größte Fehler ist, monatelang im stillen Kämmerlein zu basteln, ohne Feedback einzuholen. Man wird beim ersten Anlauf nicht das perfekte Produkt, das perfekte Pricing oder die besten Vertriebsunterlagen haben. Es geht darum, möglichst schnell zu lernen – und genau dafür ist ein Accelerator ideal.
Und dann ist da noch der Zugang zu erfahrenen Unternehmer:innen – Leute, die schon ein oder zwei Firmen aufgebaut und verkauft haben. Wenn diese Erfahrung an neue Teams weitergegeben wird, entsteht ein echter Mehrwert.
Aber das Besondere am STARTPLATZ ist die Community. Du sitzt mit anderen Gründer:innen im Raum, tauschst dich aus, bekommst ehrliches Feedback – ohne Konkurrenzdruck. Dieses „Fail fast, iterate quickly“ funktioniert dort richtig gut, weil du in einem geschützten Raum bist, wo Fehler erlaubt und sogar gewünscht sind. Gerade für neue Teammitglieder, die noch keine Startup-Erfahrung haben, ist dieses Umfeld super inspirierend. Man merkt schnell, dass hier jede Meinung zählt, man kann mitgestalten und ist nicht einfach eine Nummer im System. Das steckt an und prägt die Kultur im Team. Für uns war der Austausch mit anderen Gründer:innen unglaublich wertvoll. Ob ein spontanes Gespräch in der Küche oder eine schnelle Frage im Slack – man bekommt direkt praktische Hilfe. Statt lange zu recherchieren, hat man oft in wenigen Minuten eine gute Empfehlung, sei es für einen Steuerberater, einen Anwalt oder bei einer Datenschutzfrage.Klar, auch die Workshops sind wichtig. Aber am meisten nimmt man eben aus den persönlichen Gesprächen mit – sei es tagsüber beim Arbeiten oder abends beim Grillen auf der Terrasse. Solche Verbindungen entstehen nicht in Zoom-Calls. Dafür braucht es echte Nähe – und genau die bietet der STARTPLATZ.
STARTPLATZ: Gerade in einem guten Team ist gegenseitige Unterstützung essenziell. Was war rückblickend für euch die größte Herausforderung auf dem Gründungsweg – vor allem in der Zeit, in der du selbst aktiv dabei warst?
Thomas Schier: Die größte Herausforderung war und ist es, in einem Markt mit starkem Wettbewerb dauerhaft durchzuhalten und innovativ zu bleiben. Wir bewegen uns in einem Bereich, in dem ständig neue Player auftauchen – teilweise mit deutlich mehr Funding als wir. Das hat immer wieder zu Momenten geführt, in denen man sich fragt: Wieso machen wir das eigentlich? Warum arbeiten wir 14 Stunden am Tag? Aber genau diesen Fokus beizubehalten, durchzuziehen und nicht stehen zu bleiben – das war entscheidend. Denn wer im Stillstand verharrt, wird in unserem Markt schnell überholt.
Ein weiterer großer Punkt ist die Skalierung des Teams. Wir sind letztes Jahr von 20 auf kurzzeitig etwa 16 Mitarbeiter:innen geschrumpft – und dann wieder auf rund 30 gewachsen. Warum? Weil wir gemerkt haben, dass unsere Team-DNA erhalten bleiben muss. Einige unserer heutigen Führungskräfte waren noch Praktikant:innen, als wir im STARTPLATZ saßen, und sind nach viereinhalb Jahren immer noch dabei. Genau diesen Zusammenhalt wollen wir auch in einem wachsenden Team weiterführen.
STARTPLATZ: Zum Abschluss: Hast du noch einen Tipp für Startups, die gerade ganz am Anfang stehen?
Thomas Schier: Wartet nicht zu lange. Bringt euer Produkt so früh wie möglich an den Markt. Viele Gründer:innen feilen monatelang an Finanzplänen, Pitch Decks oder Websites, bevor sie überhaupt mit echten Kund:innen sprechen.
Tut so, als wärt ihr schon startklar, holt euch Feedback und macht den ersten Sales. Denn Vertrieb ist das, womit sich die meisten am schwersten tun. Wer sich davor drückt, verliert oft ein Jahr oder zwei, lebt von Förderungen oder kleinen Investments. Nur um dann festzustellen, dass es für die eigene Lösung womöglich gar keinen echten Bedarf gibt. Je früher man das erkennt, desto besser.