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30. Mai 2023, 15:26 :: Allgemein
Autor: Markus Schaffner
Wahrscheinlich wirst du über kurz oder lang nicht nur Selbstständiger, sondern ebenso Arbeitgeber sein. Viel wurde in der jüngsten Vergangenheit schon geschrieben, was man alles tun kann, um die dafür nötigen Fachleute ins Unternehmen zu locken und zu halten. Zu oft wird dabei jedoch ein wichtiger Kern ignoriert: Die Art, wie du als Chef und deine Firma auf diese unverzichtbaren Leute wirken. Wir zeigen dir jetzt erwiesenermaßen wirksame Kniffe.
Schaut man sich die Zustände in vielen Firmen an, dann könnte man glauben, selbst heute würden viele Chefs nur Leute nach dem Motto einstellen „Höchstens 25 Jahre alt, mindestens 10 Jahre Berufserfahrung, Einser-Notenschnitt“. Klar, so ähnlich kann man vorgehen. Dann braucht sich jedoch kein Chef zu wundern, warum er einfach keine Leute findet.
Noten, Nachweise und all die anderen Unterlagen, auf die man in Deutschland so extrem viel Wert legt, mögen zwar Hinweise geben. Sie verraten dir jedoch niemals, ob jemand wirklich für einen Job geeignet ist – nicht zuletzt, weil die Vergabe oft höchst subjektiv erfolgt. In der Praxis können Menschen mit mittelmäßigen oder gar schlechten Noten oder recht „komplexen“ Lebensläufen vielfach besser für einen Job geeignet sein als Personen, die immer nur Bestnoten bekommen haben.
Unser Tipp: Schau dir Bewerber stets im Rahmen von Praktika oder ähnlichen praxisnahen Tests an. Das ist ungleich aussagekräftiger als die typischen „ein bis drei Tage Probearbeiten“ und das viel zu statische Bewerbergespräch.
Schon klar, in einem Startup (selbst, wenn es nicht mehr ganz so jung ist), muss jeder ein ziemlicher Generalist sein. Dabei stehen weder deine Angestellten noch Azubis oder Praktikanten außen vor. Aber: Gerade dann, wenn es sich um
handelt, solltest du zumindest davon absehen, diese Leute Dinge machen zu lassen, die meilenweit von der Jobbeschreibung entfernt sind – und vielleicht erniedrigend. Kein Praktikant sollte bei dir putzen müssen; kein Azubi, nur irgendwelche Aufräum-Aktionen oder Besorgungen durchführen – vergiss hierbei niemals deine Pflichten als Ausbilder.
Ab und zu sind solche Arbeiten mitunter okay. Aber im Kern sollte jeder, mit dem du es versuchen möchtest, in dieser Zeit das arbeiten, wofür er sich bei dir beworben hat oder bewerben könnte. Gerade Azubis (erst recht auf Probe) und Praktikanten solltest du niemals als billige Arbeitskräfte für alle möglichen Gelegenheiten ansehen.
Nach wie vor gibt es eine Menge Chefs, die von Remote Work gar nichts halten und froh sind um das Ende der Pflicht. Warum? Weil sie glauben, dadurch keine Kontrolle über die Mitarbeiter zu haben. Das mag auf den ersten Blick verständlich sein. Tatsächlich ist es jedoch nur der Nachweis für folgende Dinge:
Das bedeutet im Klartext, all diese Punkte sind Fehler seitens des Chefs. Durchaus folgenschwere Fehler, denn folgendermaßen sieht die heutige Realität aus:
Wir leben in einer Zeit, in der eine riesige Menge Menschen Remote Work durch die Pandemie kennen und lieben gelernt haben. Die meisten von ihnen machen die Möglichkeit zur wenigstens teilweisen Heimarbeit zur Grundbedingung bei der Wahl eines neuen Arbeitgebers. Du möchtest einen realistischen Einblick in die Denkweise der Menschen? Dann schau mal in die Kommentarspalte eines sehr aktuellen Artikels im „Spiegel“.
Nur wenn du bereit bist, diese Arbeitsform zu ermöglichen, bekommst du wirklich gute Leute. Denn sie wissen, was sie in Zeiten des Fachkräftemangels wert sind und was sie dementsprechend fordern können. Übrigens: Bei solchem A-Level-Personal musst du keine Sorgen haben, sie könnten die Heimarbeit nutzen, um Dinge zu machen, die nichts mit der Arbeit zu tun haben.
Der „Dienst nach Vorschrift“ wird stets abwertend benutzt. Eigentlich falsch, denn er bedeutet eigentlich, dass jemand die Vereinbarungen seines Arbeitsvertrags (der immerhin von beiden Seiten unterzeichnet wurde) buchstabengetreu erfüllt. Warum wir das schreiben? Ganz einfach:
Wer in deinem Haus einen anständigen Job macht, der sollte von dir echte Wertschätzung erhalten – ja, selbst dann, wenn er lediglich jenen Dienst nach Vorschrift macht.
Diese Wertschätzung muss nicht unbedingt finanzieller Natur sein; das ist für viele Arbeitnehmer nicht so wichtig, wie es oft angenommen wird und außerdem für dich als Unternehmer nicht immer machbar. Wichtiger ist hingegen eine generell spürbare Anerkennung, etwa:
Lass deiner Kreativität hier ruhig freien Lauf. Wenn es zu deinen Mitarbeitern passt und glasklar aussagt „Ich, als euer Chef, bin wirklich froh, euch zu haben und für euren Einsatz dankbar“, dann ist alles gestattet.
Wenn du zehn Menschen dieselbe berufliche Aufgabe stellst, darfst du dir sicher sein, mindestens fünf deutlich unterschiedliche Herangehensweisen zu erleben – wenn nicht noch mehr.
Der Grund dafür ist die Unterschiedlichkeit der Menschen; selbst auf Berufe und Aufgaben bezogen. Der eine muss sich beispielsweise eine Aufgabe erst einmal theoretisch visualisieren, bevor er sie angeht; der andere legt los und arbeitet „on the Flight“, während der dritte zunächst alles recherchiert und dann loslegt.
Natürlich, es gibt gewisse Arbeiten, die einfach nach einem festgelegten Schema in ebenso festen Zeiträumen erledigt werden. Wo das bei dir im Haus jedoch nicht der Fall ist, solltest du deine Mitarbeiter buchstäblich „einfach machen lassen“. Solange in einem passenden Zeitrahmen ein den Anforderungen entsprechendes Ergebnis entsteht, sollte dir das Wie der Herangehensweise weitgehend gleichgültig sein.
Dadurch können deine Teammitglieder nicht nur in ihrer jeweils besten Arbeitsweise agieren, sondern du signalisierst ihnen überdies eine große Portion Vertrauen und lässt Freiheiten – beides hochgeschätzte Eigenschaften eines guten Chefs.
Selbst, wenn du stets nur die bestmöglichen Leute einstellst, wirst du aus ganz menschlichen Gründen höchstwahrscheinlich einige davon bevorzugen – ebenfalls auf menschlicher Ebene.
Das allein ist kein Nachteil, sondern ein normales Verhalten. Allerdings gehört es zu deiner Aufgabe als Arbeitgeber, dich selbst jeden Tag zu disziplinieren: Keiner deiner Mitarbeiter sollte wissen oder erahnen, wer bei dir besonders hoch in der Gunst steht und wer nicht. So nahbar und menschlich du dich als Vorgesetzter geben solltest, so sehr solltest du bei diesem Thema stets eine „Sphinx“ sein, die niemals ihr „Pokerface“ fallen lässt.
Sicherlich kennst du den Satz „Verlange von deinem Team niemals etwas, was du nicht selbst tun würdest“. Obwohl der Satz schon alt ist und die Arbeitswelt sich seit damals dramatisch gewandelt hat, gilt er nach wie vor. Ein guter Chef führt vorne, geht voraus, verlangt nichts, was er nicht selbst tun würde.
Aber: Wenn du es wirklich richtig machen möchtest, dann ist diese Vorgehensweise nur die eine Hälfte des Weges. Denn natürlich wirst du als guter Chef ein Vorbild sein. Ebenso wirst du als Gründer und Inhaber wahrscheinlich mehr leisten als es deine Angestellten tun – die Firma ist ja schließlich dein „Baby“, sozusagen.
Hier ist es wichtig, dich durchaus auch als Negativbeispiel zu sehen. Das ist dann der Fall, wenn dein Einsatz für das Unternehmen deutlich über das hinausgeht, was Angestellte allein rechtlich leisten dürfen.
Bedeutet, wenn du jeden Abend noch Überstunden machst, an den Wochenenden reinkommst, stets erreichbar bist oder dir fast nie Urlaub gewährst (also die typischen Realitäten von „Selbst und ständig“), dann solltest du immer versuchen, deine Mitarbeiter davon abzuhalten, es dir gleich zu tun.
Natürlich aus rechtlichen Gründen. Ebenso jedoch, um deine Leute daran zu erinnern, dass der Job bei aller Wichtigkeit nicht alles im Leben ist. Sie erkennen dadurch eines: Ihr Chef nimmt sie als Menschen wahr, deren Wohlergehen ihm am Herzen liegt, nicht nur die nackte Arbeitsleistung.
Wenn du also einen Mitarbeiter deutlich nach Feierabend im Büro siehst, solltest du stets einen passenden Satz zur Hand haben: „Schluss für heute. Es reicht, wenn ich hier noch länger sitze“.