Michael Truell – Treibende Kraft hinter Cursor
Michael Truell zählt zu den spannendsten Gründern der aktuellen KI-Ära. Als Mitgründer und CEO von Anysphere hat er mit Cursor einen Code-Editor geschaffen, der nicht einfach bestehende Werkzeuge ergänzt, sondern den Programmierprozess grundlegend neu definiert.
Sein Weg dorthin war alles andere als linear. Geprägt von mutigen Entscheidungen, Experimenten und einer klaren Haltung gegenüber Hype-Themen steht Truell für eine Generation von Gründern, die Technologie nicht nur verstehen, sondern auch neu denken wollen.
Sein Ziel: KI soll nicht nur assistieren, sondern integraler Bestandteil des Programmierens werden.
Vom MIT zum Startup – und der bewusste Bruch mit der klassischen Laufbahn
Michael Truell und seine späteren Mitgründer – Sualeh Asif, Arvid Lunnemark und Aman Sanger – lernten sich am Massachusetts Institute of Technology (MIT) kennen. Alle vier verband eine tiefe Begeisterung für das Programmieren und das Potenzial von KI-Systemen. Dennoch entschieden sie sich früh gegen den traditionellen Weg.
Statt das Studium abzuschließen, verließen sie das MIT, um sich voll und ganz dem Aufbau ihres Unternehmens zu widmen. Für sie war klar: Wenn sie etwas wirklich verändern wollten, mussten sie sich ganz darauf konzentrieren. Theorie war gut – aber sie wollten bauen.
Von der falschen Idee zur richtigen Richtung
Zu Beginn stand jedoch nicht Cursor auf dem Plan, sondern ein ganz anderer Ansatz. Die Gründer wollten KI im Bereich Maschinenbau einsetzen und entwickelten erste Modelle für eine CAD-Software mit intelligenter 3D-Autovervollständigung. Die Idee: Konstrukteure sollten durch Vorhersagen der nächsten Geometrieschritte entlastet werden.
Technisch war das spannend. Sie sammelten Erfahrungen im Umgang mit riesigen Modellen und bauten erste Trainingsinfrastruktur auf. Doch je tiefer sie einstiegen, desto deutlicher wurde: Ihnen fehlte die Begeisterung für das Thema. Sie waren Entwickler, keine Ingenieure. Der Funke sprang nicht über.
An einem bestimmten Punkt trafen sie eine klare Entscheidung. Statt sich weiter durch ein Projekt zu kämpfen, das ihnen nichts bedeutete, ließen sie CAD hinter sich. Die Energie wollten sie dorthin lenken, wo sie wirklich zu Hause waren – ins Programmieren.
Cursor: Der Neustart – und warum ein eigener Editor nötig war
Zurück im vertrauten Terrain begannen sie mit einem neuen Ziel: eine Entwicklungsumgebung zu schaffen, in der KI nicht bloß Unterstützung liefert, sondern aktiver Teil des Workflows ist. Inspiriert durch erste Erfahrungen mit GitHub Copilot, aber auch frustriert von dessen Grenzen, wollten sie weiterdenken.
Eine ihrer frühesten und wichtigsten Produktentscheidungen war deshalb auch eine unbequeme: Statt ein Plugin für bestehende Editoren zu bauen, wollten sie einen eigenen Editor entwickeln. Denn nur so ließen sich die tiefen Veränderungen umsetzen, die sie für nötig hielten. Sie begannen mit einem komplett neuen Editor, wechselten später aber auf einen Fork von Visual Studio Code, um von der Stabilität der bestehenden Infrastruktur zu profitieren.
Vom ersten Launch zur Milliardenbewertung
Nach nur drei Monaten ging Cursor in einer ersten öffentlichen Beta-Version online. Die darauffolgenden zwölf Monate nutzte das Team, um eng mit einer kleinen Gruppe zahlender Nutzer zu iterieren. Der Fokus lag auf sogenannten Power-Usern – Entwicklerinnen und Entwickler, die Cursor fast täglich nutzten.
Diese intensive Phase zahlte sich aus. Im Laufe von zwei Jahren entwickelte sich Cursor zu einem der gefragtesten Tools für professionelle Softwareentwicklung mit KI.
- 2023: 8 Millionen US-Dollar Seed-Finanzierung
- 2024: Series A, Bewertung steigt auf 2,5 Milliarden US-Dollar
- 2025: Series C mit 10 Milliarden Bewertung, über 300 Millionen US-Dollar Jahresumsatz
Neue Rollen für Entwicklerinnen und Entwickler
In Interviews spricht Michael Truell immer wieder darüber, wie sich das Rollenverständnis im Engineering verändert. Für ihn steht fest: In einer Welt mit leistungsfähiger KI wird klassisches Codieren zunehmend automatisiert. Der Fokus verschiebt sich. Wer heute Software entwickelt, wird morgen eher Konzepte entwerfen, Anforderungen strukturieren und Produkte gestalten – weniger Zeilen schreiben, mehr denken.
Truell sieht Entwickler der Zukunft als Architekten. Die kreative Kontrolle bleibt beim Menschen, aber vieles vom Handwerklichen übernimmt die KI. Und genau dafür will er mit Cursor die passenden Werkzeuge schaffen.